Einblick
Equal Pay Day 2025: Warum der Gender Pay Gap in Deutschland uns alle betrifft
Ein Nachmittag im Café „Equal Beans“, irgendwo in Deutschland. Für Frauen kostet ein Cappuccino 3,30 Euro, für Männer hingegen 3,83 Euro. „Das ist doch unfair!“, ruft ein Gast. Die Barista lächelt: „Nein, das ist die Realität des Gender Pay Gap.“ Diese Szene ist fiktiv, doch solche Aktionen könnten verdeutlichen, wie sich eine Lohnlücke von 16 Prozent auswirkt.
2024 verdienten Frauen durchschnittlich 16 Prozent weniger pro Stunde als Männer. Konkret: Frauen erhielten 22,24 Euro, Männer 26,34 Euro. Immerhin sank der unbereinigte Gender Pay Gap um zwei Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr.[1] Der Equal Pay Day zeigt: Bis zum 7. März 2025 müssen Frauen arbeiten, um das Vorjahresgehalt der Männer zu erreichen.
EU-Richtlinie zur Entgelttransparenz: Was Unternehmen wissen müssen
Die Bundesregierung will den Verdienstabstand bis 2030 auf 10 Prozent senken. Positiv: In einigen Branchen bewegt sich bereits etwas.[2] Die EU-Richtlinie zur Entgelttransparenz (2023/970/EU)[3] verlangt von den Mitgliedstaaten, bis zum 7. Juni 2026 nationale Gesetze zu erlassen. Diese sollen umfassende Informationsrechte für Arbeitnehmer und Informationspflichten für Arbeitgeber, standardisierte Prüfverfahren für Gehaltsstrukturen und Bußgelder bei Verstößen umfassen. In Deutschland wird dies im Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG) umgesetzt, das bis 2026 überarbeitet werden muss.
Arbeitgeber mit über 200 Mitarbeitenden müssen handeln. Sie sollten jetzt Schwellenwerte und Pflichten ermitteln und mit der Umsetzung beginnen.[4] Künftig legen sie jährlich Rechenschaft ab, Firmen mit über 150 Beschäftigten alle drei Jahre. Unternehmen mit 100 Mitarbeitenden sind vorerst von der Pflicht ausgenommen
Im Bereich Entgelt gehören dazu:
- Sammlung vergütungsbezogener Daten;
- Bestandsaufnahme der Entgeltstrukturen;
- Identifikation von Änderungsbedarf;
- rechtssichere Dokumentation.
Viele Unternehmen setzen bei der Umsetzung auf digitale Lösungen. Diese ermöglichen es, Gehaltsstrukturen automatisiert zu analysieren und Ungleichheiten frühzeitig zu erkennen. Wichtig dabei: Die Systeme müssen flexibel genug sein, um mit dem Unternehmen zu wachsen und sich an neue gesetzliche Anforderungen anzupassen.
Maßnahmen für mehr Lohngerechtigkeit in Unternehmen
Mehr Vertrauen in das Unternehmen durch Lohntransparenz: Ab 2027 sollten Unternehmen ihren Gender Pay Gap mit den Gehaltszahlen von 2026 veröffentlichen, idealerweise soll er unter fünf Prozent liegen, empfiehlt die Unternehmensberatung Kienbaum.[5] Das wirkt sich positiv auf die Suche nach Fachkräften aus. Bisher müssen Arbeitnehmende aktiv um Transparenz bitten. Doch wie oft hört man im Bewerbungsgespräch: „Wie sieht die Gehaltsstruktur aus?“ Viele zögern, ihr Recht einzufordern, aus Angst um ihr „Image“, wie eine Studie zeigt.[6]
Mehr berufstätige Frauen: Die Bertelsmann-Stiftung weist darauf hin, dass es nicht nur den Gender Pay Gap gibt. Geschlechterungleichheiten zeigen sich auch im Gender (Work) Time Gap, dem Financial Literacy Gap, Gender Lifetime Earnings Gap oder Gender Pension Gap. Diese spiegeln strukturelle Hindernisse für Frauen wieder.[7] Familienfreundliche Arbeitsbedingungen entstehen durch flexible Arbeitszeiten, Remote-Arbeit, betriebliche Kinderbetreuung oder Teilzeit in Führungspositionen.[8] Dafür braucht es Strukturen oder Partner, die diese Modelle verwalten.
Mehr Kontrolle bei der Gehaltsstruktur: Wer Lohnstrukturen überprüft, erkennt, ob überall nach klaren Regeln (auch mit Blick auf Fairness) gearbeitet wird. Es geht um den Nachweis über die Gleichwertigkeit von Arbeit. Für HR bedeutet das, eine transparente Systematik zu entwickeln, die Kriterien wie Kompetenzen, Belastungen, Verantwortung und Arbeitsbedingungen berücksichtigt. Ungereimtheiten lassen sich gezielt beseitigen. Beispielsweise können Gehaltsrunden die Entgeltlücke schrittweise verringern, ohne das Budget zu überlasten. Unter dem Strich verbessert sich dadurch die Datengrundlage, die für die Berichterstattung zur Entgeltgleichheit nötig ist.
[1] https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2025/02/PD25_056_621.html
[2] https://www.antidiskriminierungsstelle.de/SharedDocs/Glossar_Entgeltgleichheit/DE/18_Lohnluecke.html
[3] https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/ALL/?uri=CELEX:32023L0970
[4] https://inform-new.dlapiper.com/43/531/uploads/bb-expert-talk---entgelttransparenz-a-la-brussel.pdf
[5] https://www.kienbaum.com/blog/gender-pay-gap-warum-unternehmen-jetzt-aktiv-werden-muessen/
[6] https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=4337703
[7] https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/unsere-projekte/beschaeftigung-im-wandel/projektnachrichten/equal-pay-ist-nur-ein-teil-der-geschichte-potenziale-und-herausforderungen-fuer-frauen-am-arbeitsmarkt
[8] https://iab.de/presseinfo/in-betrieben-mit-gleichstellungsmassnahmen-ist-der-gender-pay-gap-kleiner/