Einblick
Fridge Hiring: Überholtes Buzz-Word oder nützlich für die Zukunft?
Das Fußballjuwel Jadon Sancho (24) ist bei Manchester United unter Vertrag, stürmt derzeit aber für den FC Chelsea. Paul Wanner (19), das junge Talent des FC Bayern München, läuft für Heidenheim auf. RB Leipzig hatte Xavi Simons (21) zuerst von Paris St. Germain ausgeliehen, und der junge Niederländer glänzte in Sachsen als Spielmacher. Diese finanzstarken Fußballclubs praktizieren eine luxuriöse Version des „Fridge Hiring“. Wie Unternehmen legen sie „Personalvorräte“ an – können sie die Spieler nicht selbst einsetzen, verleihen sie sie weiter.
Auch in der Wirtschaft stellen Unternehmen proaktiv Mitarbeiter ein, bevor ein akuter Bedarf besteht. Diese Strategie sichert frühzeitig Talente, um zukünftige Personalengpässe zu vermeiden. Eine Umfrage ergab, dass über 82 Prozent der Personaler Fridge Hiring nutzen.[1] Besonders gefragt sind dabei die Fachrichtungen IT, Sales und Personalmanagement. Im Fokus stehen Berufseinsteiger und Angestellte auf mittlerer Karrierestufe, vor allem Hochschulabsolventen und High Potentials.
Wie passt Fridge Hiring in unsere volatile Zeit?
Wie lässt sich die großzügige Personalplanung mit der aktuellen Situation in Deutschland vereinbaren, in der Stellenabbau dominiert?[2] Ist Fridge Hiring noch sinnvoll, fragte unter anderem die Zeitschrift Personalwirtschaft.[3] Schließlich fokussieren sich Unternehmen derzeit auf Kosteneinsparungen und Effizienzsteigerungen durch Personalabbau, statt vorausschauend Personal einzustellen.[4]
Strategische Personalplanung statt kurzfristiges Reagieren: Unternehmen sollten eine Personalstrategie haben, die weiter reicht, als über den nächsten Geschäftsbericht. Der „Future of Jobs Report 2025“[5] des World Economic Forum betont die Notwendigkeit, sich auf kommende Herausforderungen einzustellen. Der Bericht prognostiziert, dass bis 2030 weltweit 22 Prozent der Arbeitsplätze durch strukturelle Veränderungen neu entstehen oder wegfallen. „Arbeitgeber müssen ihre Mitarbeitenden umschulen und neue mit den erforderlichen Skills einstellen“, schreibt die Deutsche Gesellschaft für Personalführung e.V. (DGFP).[6] Technologischer Wandel, wirtschaftliche Unsicherheit und demografische Veränderungen prägen den Arbeitsmarkt bis 2030. Durch gezieltes Fridge Hiring binden Unternehmen rechtzeitig die passenden Talente.
Fokus auf Schlüsselkompetenzen: Der Arbeitsmarkt verlangt spezifische Fähigkeiten. Um erfolgreich zu sein, müssen die Beschäftigten Kompetenzen für Transformations- und Innovationsprozesse mitbringen. In Umbruchphasen ist die gezielte Weiterentwicklung von Beschäftigten in verwandten aufstrebenden Bereichen entscheidend. Dadurch können Fähigkeiten und Arbeitserfahrung weiter genutzt werden.[7] Außerdem bindet proaktives Recruiting Mitarbeitende mit zukunftsweisenden Kompetenzen frühzeitig ans Unternehmen.
Vorbereitung auf Industrie 5.0: Während die Wirtschaft stagniert, denken Unternehmen über die Zukunft nach. Ein Personalvermittler rät, sich auf Industrie 5.0 vorzubereiten.[8] Während Industrie 4.0 auf Technologien wie das Internet der Dinge und Big Data setzt, integriert Industrie 5.0 menschliche, ökologische und soziale Aspekte. HR muss sich stärker um die Menschen kümmern und das Zusammenspiel von Menschen und intelligenten Maschinen verstehen.[9] Das erfordert Abstraktionsvermögen, Empathie und eine intensive Beschäftigung mit Digitalisierung. Die Mitarbeitenden der Zukunft müssen anpassungsfähig, offen für Veränderungen und kreativ sein, um mit eigenständig agierenden Maschinen umzugehen.[10]
Demografischer Wandel: Der demografische Wandel bleibt akut. Ohne Zuwanderung sinkt die Zahl der Arbeitskräfte in Deutschland bis 2040 um 10 Prozent, zeigt eine aktuelle Studie der Bertelsmann-Stiftung.[11] Neben der Verpflichtung neuer Arbeitskräfte könnten flexible Arbeitszeitmodelle helfen.
Lässt sich der Effekt von Fridge Hiring messen?
Unternehmen sollten klare Ziele für ihr Fridge Hiring-Programm definieren und regelmäßig die Ergebnisse evaluieren. HR-Analytics-Tools erfassen und werten Daten aus, um die Strategie kontinuierlich zu optimieren. Zu den Metriken zählt die Retention Rate, die vergleicht, wie lange Fridge Hires im Gegensatz zu anderen Mitarbeitenden im Unternehmen bleiben. Wichtig ist die Kosteneffizienz im Vergleich zum traditionellen Recruiting und auch, wie schnell wichtige Stellen durch Fridge Hires besetzt werden können. Langfristig zählt, was Fridge Hires zu Innovationen beitragen und wie sich das auf das Employer Branding auswirkt.
[1] https://www.hiringlab.org/de/wp-content/uploads/sites/5/2023/12/Indeed-Jobs-Hiring-Trends-Deutschland-2024.pdf
[2] https://www.tagesschau.de/thema/stellenabbau
[3] https://www.personalwirtschaft.de/news/recruiting/fridge-hiring-statt-hiring-freeze-ist-recruiting-auf-vorrat-sinnvoll-180529/
[4] https://www.t-online.de/finanzen/aktuelles/id_100550624/umfrage-vier-von-zehn-unternehmen-planen-2025-stellenabbau.html
[5] https://www.weforum.org/publications/the-future-of-jobs-report-2025/
[6] https://www.dgfp.de/aktuell/future-of-jobs-report-2025
[7] https://doku.iab.de/kurzber/2024/kb2024-19.pdf
[8] https://hire.workwise.io/blog/ausblick-arbeitsmarkt-2025?
[9] https://iopscience.iop.org/article/10.1088/1757-899X/1259/1/012041/pdf
[10] https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S2666954424000188
[11] https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/themen/aktuelle-meldungen/2024/november/ohne-zuwanderung-geht-die-zahl-der-arbeitskraefte-in-deutschland-bis-2040-deutlich-zurueck