April 2023
Überforderung, Fehlzeiten, Depressionen – die psychische Belastung in der Arbeitswelt bleibt ein drängendes Thema. Ein sehr drängendes sogar, wenn man die neueste Studie der größten deutschen Krankenkasse heranzieht. Die Techniker Krankenkasse (TK) hat bei einer Umfrage unter Geschäftsführenden, Gesundheitsverantwortlichen und Personalern herausgefunden, dass psychische Erkrankungen am Arbeitsplatz die körperlichen Belastungen in ihrer Dringlichkeit in vielen Branchen überholt haben.[1] Das bestätigt auch die Zahl der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, die bei der TK eintreffen. Seit Jahren gehören psychische Erkrankungen zu den drei häufigsten Gründen für eine Krankschreibung und es werden kontinuierlich mehr. 2012 entfielen im Durchschnitt 2,46 Krankheitstage auf eine psychische Diagnose, 2022 waren es bereits 3,33 Fehltage.
Höchste Zeit, aktiv(er) zu werden
Was bei der Studie auch herauskam: Viele Unternehmen sind zwar bereits dabei, die psychische Gesundheit der Beschäftigten auch mit digitalen Maßnahmen wie Online-Workshops und -Coachings, Gesundheitsplattformen oder -Apps zu unterstützen, bei der Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen (§5 ArbSchG) gibt es allerdings noch Defizite.
Zu den gesunden Rahmenbedingungen gehören neben einer guten Arbeitsorganisation und der optimal gestalteten Arbeitsumgebung auch, dass die Prozesse und Strukturen förderlich sind und natürlich gut geschulte Führungskräfte. Oder wie es ein Coach aus dem Bereich Mental Health ausdrückt: „Um in einer stabilen Arbeits- und Leistungsfähigkeit, aber genauso auch in einer guten Lebensqualität zu bleiben, brauchen Mitarbeitende ein möglichst hohes Energielevel.“ [2]
Überstunden zählen zu den größten Stressoren
Unternehmen tun in ihrem eigenen Interesse gut daran, energieraubende Faktoren zu minimieren und Resilienz am Arbeitsplatz zu stärken. Das ADP Research Institute hat in einer etwas zurückliegenden Studie eine interessante Beobachtung gemacht: Das Engagement der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und ihre Arbeitsplatz-Resilienz korrelieren zwar stark miteinander, sind allerdings voneinander unabhängig.[3]
Das bedeutet für Personalverantwortliche, dass Strukturen sinnvoll sein können, die indirekt präventiv wirken.
Ein Beispiel: Überstunden. Laut Statistischem Bundesamt machten im Jahr 2022 die Arbeitnehmenden in Deutschland rund 583 Millionen bezahlte und ca. 702 Millionen unbezahlte Überstunden. [4]Eine Auswertung von Google-Suchvolumendaten für verschiedene Arten von Arbeitsstressoren hat ergeben, dass Überstunden zu den vorrangigen Stressfaktoren bei der Arbeit in Deutschland gehören.[5]Sie folgen direkt auf den traurigen Spitzenreiter „Belästigung bzw. Schikane“.
Die Hauptfolgen von Überstunden sind Erschöpfung und Müdigkeit, Schlafstörungen, Gereiztheit und Rücken- und Gelenkschmerzen, zeigt der jüngste Arbeitszeitreport der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA).[6] Die BAuA hat bei ihren regelmäßigen Befragungen beobachtet, dass sich Beschäftigte zunehmend kürzere Arbeitszeiten wie eine 4-Tage-Woche wünschen, aber auch tarifvertragliche „Zeit statt Geld“-Regelungen.
HR-Tools zur indirekten Prävention einsetzen
Um beim Beispiel zu bleiben: Wer seinen Mitarbeitenden eine gewisse Flexibilität bei den Arbeitszeiten, aber vor allem Verlässlichkeit und Transparenz hinsichtlich der Bezahlung ihrer geleisteten Arbeit bieten will, wird an digitalen Lösungen zur Zeiterfassung nicht umhinkommen. Auch für HR selbst sind die Dienste doppelt nützlich. Sie setzen nicht nur Kapazitäten frei, weil die Zeiterfassung und die damit zusammenhängenden Vorgänge remote und rechtssicher ablaufen, sie liefern zudem wertvolle Daten. Dadurch lassen sich Muster erkennen, in welchen Abteilungen ungewöhnlich viele Überstunden auflaufen bzw. sich die Fehlzeiten mehren. So haben Sie einen Indikator, möglichen Problemen schnell auf die Spur zu kommen. Und Ihre Mitarbeitenden zu schützen.
[1]https://www.tk.de/resource/blob/2145756/3005523ae7a54b38cbdd7445021cdb11/studie--whatsnext-2023-data.pdf
[2]https://www.haufe.de/personal/hr-management/psychische-gesundheit-am-arbeitsplatz/psychische-belastungen-am-arbeitsplatz_80_585318.html
[3]17 Ergebnisse für Engagement und Resilienz, Globale Arbeitsplatz-Studie 2020, ADP Research Institute
[4]https://de.statista.com/statistik/daten/studie/76945/umfrage/ueberstunden-der-arbeitnehmer-in-deutschland-seit-2000/
[5]Work Stressors Germany Data
[6]https://www.baua.de/DE/Angebote/Publikationen/Berichte/F2507.html