August 2024
Mehr als schöne Worte. Warum Vertrauen in HR so wichtig ist
„Feelgood Manager sollen Belegschaften zufriedener machen. Aber ist das nicht eigentlich Chefsache?“, fragte die Frankfurter Allgemeine Zeitung.[1] Der Autor bewertete es so:„Das Standing des Feelgood Managers schwankt zwischen ,wichtiger Zukunftsberuf in Zeiten des Fachkräftemangels’ und ,lächerlicher Achtsamkeitsquatsch’“. Tatsächlich kann eine solche Person viel für ein gutes Klima im Unternehmen tun. Diese Aufgabe, die klassischerweise HR zufällt, ist nicht zu unterschätzen. Dass es um dieses Binnenklima nicht überall gut bestellt ist, zeigt eine Erhebung des Marktforschungsunternehmens Gartner von Ende 2023: Nur etwa 50 % der Mitarbeitenden vertrauen ihrer Organisation – das bedeutet, die andere Hälfte leidet unter einem Vertrauensdefizit.[2] Immer mehr Arbeitnehmende fühlen sich nicht emotional an ihren Arbeitgeber gebunden, bestätigt der Gallup Engagement Index 2023.[3] Seit 2018 ist der Anteil der Befragten, die beabsichtigen, in einem Jahr noch bei ihrer derzeitigen Firma tätig zu sein, von 78 % auf 53 % gesunken.
Schwindendes Vertrauen der Arbeitnehmenden gefährdet den Erfolg von Unternehmen
Wenn das Vertrauen der Mitarbeitenden schwindet, sinkt auch ihr Engagement. Das ist für jedes Unternehmen ein Warnsignal. Die Gründe für schwindendes Vertrauen sind vielfältig: Veränderungsmüdigkeit, mangelnde Transparenz bei Unternehmensentscheidungen, fehlende Unterstützung bei Problemen – gerade, wenn Mitarbeitende annehmen, dass HR sich eher auf die Seite des Unternehmens stellt. Lückenhafte Kommunikation, die Behandlung der Mitarbeitenden als „Ressource“ oder „Humankapital“, Mikromanagement, unzureichende Karriereperspektiven oder Schwächen bei den Dienst- und Serviceleistungen für die Belegschaft wirken ebenfalls erodierend. Wer Unregelmäßigkeiten oder Fehler bei der Lohn- und Gehaltsabrechnung erfährt, zweifelt an der Kompetenz des Arbeitgebers.
7 Wege, Vertrauen zu stärken oder gar zurückzugewinnen
Transparente Kommunikation: Regelmäßige und gut verständliche Updates über Ziele, Errungenschaften, aber auch die Herausforderungen des Unternehmens. Wer mit Worthülsen wie „Kosten senken“ oder „neue Märkte erschließen“ Lösungen darstellen möchte, mindert die Glaubwürdigkeit.
Feedback ernst nehmen: Dialogische interne Kommunikation bedeutet, dass Mitarbeitende sich äußern – und von den Entscheidenden ernst genommen werden. Das zahlt auf die Unternehmenskultur ein. Mitarbeitergespräche sind dabei unverzichtbar. Zu oft werden sie im Alltag irgendwie in den Terminkalender gequetscht oder verschoben.
Wechselseitige Kommunikation sowie die Bereitschaft, Maßnahmen zu ergreifen, signalisiert den Mitarbeitenden, dass ihre Ansichten geschätzt werden.
Faire und zuverlässige Vergütung: Transparente Gehaltsstrukturen und Bonussysteme, zuverlässige Lohn- und Gehaltsabrechnungen und der Branchenvergleich sind essenziell. Wird bei anderen Firmen mehr bezahlt und wenn ja, warum? Der Zahlungsprozess muss zuverlässig und pünktlich sein, und auf Fragen oder Probleme der Vergütung muss schnell reagiert werden. Regelmäßige Überprüfungen der Gehaltsabrechnungsprozesse sind genauso selbstverständlich wie die Analyse anderer Prozesse.
Flexible Arbeitszeiten: Vertrauensarbeitszeit, Gleitzeit und Teilzeit, Mehrarbeit und Arbeitszeitkonten sind jedem HR-Mitarbeitenden vertraut. Der Deutsche Bundestag debattierte zuletzt über Sinnhaftigkeit von mehr Flexibilität und gesetzliche Hürden.[4] Die unterschiedlichen Bedürfnisse innerhalb der Möglichkeiten des Unternehmens „unter einen Hut“ zu bringen, dürfte die Mitarbeitenden zufriedenstellen und motivieren. Zeiterfassung und die fehlerlose Übertragung in das System für die Lohn- und Gehaltsabrechnung müssen sichergestellt sein.
Entwicklungsmöglichkeiten bieten: Unternehmen investieren seit Jahren immer mehr in die Fort- und Weiterbildung ihrer Mitarbeitenden, ermittelte das iW Köln.[5] IT-Anwenderkenntnisse folgen nach beruflichem Fachwissen auf Rang zwei der häufigsten Weiterbildungsthemen. Der Future of Jobs-Report des World Economic Forums (WEF) geht davon aus, dass sich bis 2027 nahezu jeder vierte Arbeitsplatz verändern wird.[6] Unternehmen müssen abwägen, welche Art der Fort- und Weiterbildung die passende ist. Individualisierte Weiterbildungen schneiden besser ab als standardisierte.[7] Strategische Personalentwicklung braucht umfassende Ressourcen, um Karrierepläne und Weiterbildungsangebote darzustellen und umzusetzen.
Fehlerkultur etablieren: Unter Bedingungen wachsender Ungewissheit werden Fehler immer unvermeidlicher, schreibt Amy C. Edmondson, Professorin für Leadership und Management an der Harvard Business School, in ihrem neuen Buch „The Right Kind of Wrong. The Science of Failing Well“.[8] Sie schreibt: „Wir können die Zukunft zwar nicht kontrollieren, aber wir können unsere Denkweise ändern, damit wir besser damit umgehen können, wenn wir uns irren. Wir müssen nur eine neue Art des Denkens lernen - eine, die Lernen dem Wissen vorzieht.“
Glaubwürdig nach innen und nach außen: Die in Worte gegossenen Unternehmenswerte müssen auch gelebt werden. So wie Verbraucherinnen und Verbraucher Greenwashing abstrafen, missbilligen Mitarbeitende, wenn Purpose, Werte und Inklusion nur schöne Worte sind. HR bewegt sich auf allen Ebenen einer Organisation und kann so etwas wie ein Seismograph sein, ob die Werte und das Handeln konsistent sind. Doch dafür braucht HR Kapazitäten. Fordern Sie sie ein.
[1] https://www.faz.net/aktuell/karriere-hochschule/feelgood-manager-zustaendig-fuers-glueck-19739574.html
[2] https://www.gartner.de/de/artikel/worauf-sich-hr-2024-konzentrieren-wird
[3] https://www.gallup.com/de/472028/bericht-zum-engagement-index-deutschland-2023.aspx
[4] https://www.tagesschau.de/wirtschaft/arbeitszeiten-debatte-flexibilisierung-beruf-familie-100.html
[5] https://www.iwkoeln.de/fileadmin/user_upload/Studien/IW-Trends/PDF/2024/IW-Trends_2024-02-01-Seyda_et_al.pdf
[6] https://www.weforum.org/publications/the-future-of-jobs-report-2023/
[7] https://www.haufe.de/personal/neues-lernen/weiterbildung-investitionen-oft-verschwendet_589614_491694.html
[8] https://www.linkedin.com/in/amycedmondson/