Einblick

Vier-Tage-Woche: Viele Chancen, aber auch Risiken

Oktober 2023

 Blog Vier-Tage-Woche: Viele Chancen, aber auch

„Mehr Mut zu weniger Arbeit", forderte kürzlich der Kommentator der Wochenzeitung Die Zeit von Unternehmen. Um sich zukunftsfähig zu machen, müssten sich die Arbeitgebenden mehr trauen.[1] Die Diskussion um die Vier-Tage-Woche ist auch eine Diskussion um neue Realitäten. Natürlich gibt es Argumente dafür und dagegen. Sie reichen von berechtigten Bedenken, wie die Arbeitslast bei weniger Arbeitsstunden geschultert werden soll, bis zu der Erwartung, dass bei einer Vier-Tage-Woche mehr Frauen ihre Arbeitszeit auf Vollzeit erhöhen könnten und sich junge Arbeitskräfte stärker angesprochen fühlen dürften.[2]

Immer mehr Unternehmen setzen die Vier-Tage-Woche sogar bewusst ein. Zum Beispiel als ein Instrument zur Förderung der psychischen Gesundheit oder wenn Gehaltserhöhungen oder andere Benefits wie Tele- oder Hybridarbeit nicht möglich sind. Eine Vier-Tage-Woche könnte also ein guter Kompromiss sein, solange die Anforderungen des Unternehmens erfüllt werden. Denn weniger Arbeitszeit muss nicht automatisch weniger Produktivität bedeuten. Durch die Anpassung von Prozessen, die Schaffung verbindlicher Vertretungsregelungen oder Regeln zur Erreichbarkeit im Kundenkontakt, die Schaffung von Automatisierungsprozessen oder den Wegfall überflüssiger Meetings lässt sich die Arbeitswelt effizienter gestalten.

Pilotprojekte beleuchten Vor- und Nachteile

Wie aber lässt sich messen, dass sich die Reduzierung der Arbeitszeit für eine Firma auszahlt? Und sind diese Gedankenspiele nicht nur etwas für Bürojobs? Internationale Modellversuche zeigen, dass kürzere Arbeitszeiten nicht zwangsläufig zu geringerer Produktivität und weniger Umsatz führen. Im Jahr 2022 wurde eine Studie zur Vier-Tage-Woche in Großbritannien von der Universität Cambridge begleitet. Sie zeigte, dass die Umsätze während des Testzeitraums im Schnitt sogar um 1,4 Prozent gestiegen sind. Vier von zehn Beschäftigten gaben an, weniger gestresst zu sein. Das Burnout-Risiko sank um sage und schreibe 71 Prozent und die Zahl der Krankheitstage ging um zwei Drittel zurück.[3]

Anfang 2024 wird nun auch in Deutschland ein entsprechendes Pilotprojekt zur Einführung einer Vier-Tage-Woche starten. 50 Unternehmen unterschiedlicher Branchen werden das Arbeitszeitmodell ab dem 1. Februar 2024 testen.[4] Die Laufzeit des Projekts beträgt sechs Monate. Während dieser Phase wird die Arbeitszeit bei gleichem Gehalt von fünf auf vier Tage reduziert. Die Ergebnisse wertet die Universität Münster aus. Dabei sollen sowohl die positiven Effekte als auch mögliche Nachteile und Risiken beleuchtet werden.

Voraussetzung: Arbeitszeiterfassung und Personalplanung

Ein zentraler Baustein für den Erfolg einer Vier-Tage-Woche sind die Arbeitszeiterfassung und die Personaleinsatzplanung – und hier ist noch Luft nach oben. Insgesamt wird die Arbeitszeit in nur 59 Prozent der Unternehmen erfasst, 25 Prozent nutzen noch immer eine Stempel- oder Stechuhr. Mit einem „handlichen Stundenzettel“ arbeiten sogar noch immer 16 Prozent, schreibt die Autorin der Personalwirtschaft.[5] Die mangelnde Transparenz und fehlende Sicherung der Daten können beim Austesten neuer Arbeitszeitmodelle zu Problemen führen.

Geläufig sind drei Varianten: In der ersten erledigt der/die Arbeitnehmende das Arbeitsvolumen an nur vier Tagen, das sind bei einer 40-Stunden-Woche dann zehn statt acht Arbeitsstunden. Bei der zweiten Variante arbeitet der/die Arbeitnehmende einen Tag weniger, die Arbeitstage bleiben gleich lang, und er/sie erhält entsprechend weniger Gehalt. Oder es werden nur vier Tage die Woche gearbeitet bei gleichem Gehalt.

HR ist bei der Koordination der Arbeitszeitmodelle gefordert

Der Arbeitgeber kann bestimmen, wie die Arbeitszeiten im Betrieb verteilt werden, sofern dies vertraglich nicht anders vereinbart wurde. Bei der Reduzierung der Arbeitszeit ist zu beachten, dass alle Mitarbeitenden gleichbehandelt werden. Personalerinnen und Personaler müssen noch mehr im Blick behalten, wenn 40 Stunden Arbeit in vier Tage gepackt werden: Eine tägliche Arbeitszeit von zehn Stunden ist arbeitsrechtlich möglich, mehr aber auch nicht. Jugendliche und Azubis dürfen täglich maximal acht Stunden arbeiten, Schwangere und Stillende nicht länger als 8,5 Stunden am Tag. Auf die Arbeitgeber kommen also eine Menge Aufgaben zu, um solche Arbeitszeitmodelle im Team zu koordinieren.

Fun-Fact am Rande: Die Diskussion um die Vier-Tage-Woche ist nicht neu. Volkswagen hatte sie 1993 sogar schon einmal beschlossen. Das Modell war bis ins Jahr 2006 in Kraft.

[1] https://www.zeit.de/arbeit/2023-05/vier-tage-woche-arbeitszeit-unternehmen-arbeitswelt-zukunft
[2] https://www.fr.de/ratgeber/karriere/vier-tage-woche-was-gut-ist-und-was-schaden-kann-zr-92400993.html
[3] https://www.cam.ac.uk/stories/fourdayweek
[4] https://www.zdf.de/nachrichten/wirtschaft/vier-tage-woche-pilotprojekt-deutschland-102.html
[5] https://www.personalwirtschaft.de/news/hr-organisation/wie-viele-unternehmen-erfassen-die-arbeitszeit-155159/

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