November 2024
Die Uhr tickt. Im wahrsten Sinne des Wortes. Denn die Deutschen werden immer älter und das hat Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort Deutschland. 6,7 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte sind 55 Jahre oder älter. Das bedeutet: Innerhalb der nächsten zehn Jahre wird voraussichtlich fast jede oder jeder vierte Beschäftigte den Arbeitsmarkt altersbedingt verlassen.[1]
Eine Personalleiterbefragung des ifo Instituts im Auftrag eines Personaldienstleisters beleuchtete 2023 die Auswirkungen des demographischen Wandels auf die Unternehmenslandschaft. Sie ergab, dass durchschnittlich 39 Prozent der Belegschaft in deutschen Unternehmen älter als 50 Jahre sind – Tendenz steigend.[2] Das zieht sich durch alle Bereiche. Doch Unternehmen lassen ihre älteren Arbeitnehmenden nach wie vor bereitwillig ziehen. Eine Umfrage der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung unter allen Dax-40-Unternehmen zeigt, dass fast alle Altersteilzeit anbieten und diese von den Mitarbeitenden gern genutzt wird.[3] Dabei muss die deutsche Wirtschaft viel stärker versuchen, ältere Mitarbeitende im Arbeitsleben zu halten, fordert Arbeitsmarktforscher Ulrich Walwei. So solle die gesetzliche Regelaltersgrenze nicht länger als fixe Grenze wahrgenommen werden. Es gehe darum, dass flexibel in beide Richtungen durch Abschläge und Zuschläge abgewichen werden kann.[4]
Flexible Arbeit kann Menschen länger im Job halten
Es ist längst Common Sense, dass ältere Mitarbeitende wichtig sind. Als der Sportartikel-Riese Nike eine ehemalige Führungskraft aus dem Ruhestand holte und zum CEO machte, stieg der Aktienkurs.[5] Gut, der Mann ist erst 60 Jahre alt, aber er bringt genau das mit, was für Unternehmen ein nicht messbarer Wert ist: Erfahrung, Verbundenheit mit dem Unternehmen und einen Wissensschatz, den er weitergeben kann.
Alexander Burstedde vom Institut der deutschen Wirtschaft rät dazu, erfahrene Mitarbeitende mit passenden Angeboten länger zu halten.[6] Studien zeigen, dass altersgemischte Teams oft leistungsstärker und innovationsfähiger sind.[7] HR ist gefragt, die Kräfte zu bündeln. Sie kann beispielsweise durch die „altersgerechte Arbeitsorganisation” den geeigneten Weg für die eigene Belegschaft finden. Hier gilt es, Rücksicht auf individuelle Bedürfnisse zu nehmen. Dazu gehört Arbeitszeitflexibilität, aber auch eine realistische Einschätzung des Leistungsvermögens. Denn im Lauf des Lebens steigt der Bedarf an Regenerationszeit – das ist nicht allein ein Phänomen, das die Silver Worker oder Babyboomer betrifft. Die körperliche Leistungsfähigkeit sinkt schon ab dem Alter von 30 Jahren um ein bis zwei Prozent pro Jahr.[8] Jüngere wiederum sind in bestimmten Lebensphasen interessiert, eine Arbeitsstunde für ein nachfolgendes Sabbatical oder die Elternzeit anzusammeln.
Um Mitarbeitende zu halten, braucht es innovative HR-Lösungen
Schlüssel zu einem erfolgreichen Change im Umgang mit der älter werdenden Belegschaft, aber auch mit der an mehr Flexibilität interessanten Generationen, sind Technologien, die Ihre HR-Prozesse optimieren. Und über die Sie schneller ans Ziel kommen.
Stichwort: innovative Arbeitszeitmodelle. Sie sind gezielt auf die Bedürfnisse der Mitarbeitenden ausgerichtet. Das bedeutet, dass das Unternehmen Handlungsspielräume schaffen sollte, um einen individuellen Arbeitsrhythmus in den jeweiligen Lebensphasen zu ermöglichen. HR muss im Hintergrund die Struktur schaffen, damit mehr Flexibilität möglich ist. 70 Prozent der Unternehmen, die Mitarbeitende beschäftigen, die bereits in Rente sind, tun dies über Minijobs.[9] Aber auch Eltern haben Ansprüche: Eine Studie der Bertelsmann Stiftung zeigt, dass Arbeitnehmenden Teilzeit wichtig ist, noch wichtiger ist ihnen aber die Möglichkeit für Flexibilität im Job.[10] Das ist ein erhöhter Aufwand für die Lohnbuchhaltung, denn Minijobs sind steuerlich und sozialversicherungsrechtlich speziell geregelt. Auch bei Teilzeitarbeit gelten spezielle Regeln. Einfacher und rechtssicherer ist es, die Komplexität und Risiken, die mit der Beschaffung, Verwaltung und Durchführung von Lohnabrechnungsdiensten verbunden sind, auszulagern. Gleichzeitig sollen die Arbeitsprozesse nicht unter der Flexibilität leiden. Hier helfen smarte Programme, mit denen Einsatzpläne transparent organisiert werden können, die Personalengpässe voraussehen und vorausschauend für Entlastung sorgen. Idealerweise sind die Pläne mit der Lohn- und Gehaltsabrechnung verknüpft und sichern die zuverlässige Entlohnung ab.
Stichwort: vorausschauende Personalpolitik. Wer an die Alten denkt, darf die Jungen nicht vergessen – und umgekehrt. Nachhaltige Personalpolitik hat das gesamte System im Blick. Das erfordert Zeit, die HR gezielt für die Entwicklung und Umsetzung von Strategien einsetzt. Zeitfresser und auf die lange Bank geschobene Digitalisierungsmaßnahmen für den eigenen Bereich sollten vorangebracht werden. Denn durch KI-Lösungen lassen sich beispielsweise Prognosen (prädiktive Analysen) über unternehmensinterne Personalkapazitäten- und -bedarfe treffen. Das alles gehört zur zeitgemäßen Ausstattung – und steigert das Standing von HR innerhalb des Unternehmens.
Stichwort: attraktiver Arbeitgeber. In wirtschaftlich herausfordernden Zeiten gewinnt Arbeitsplatzsicherheit wieder eine größere Bedeutung. Karrieremöglichkeiten rangieren dagegen nicht mehr so weit oben, zeigt die aktuelle IW-Beschäftigtenbefragung 2024.[11] Allerdings gibt es auch hier Unterschiede. Denn Jüngere sind noch offener für Jobwechsel und damit weniger festgelegt, was ein Arbeitsplatz bieten muss.
Führungskräften sind eine leistungsabhängige Vergütung, Entscheidungsspielräume sowie Karrieremöglichkeiten durchaus weiter wichtig. HR muss also immer wieder schnell auf sich ändernde Präferenzen reagieren. Gut, wenn Sie Zeit haben, sich auf diese wirklich wichtigen Dinge konzentrieren zu können. Schaffen Sie sich und Ihrem Team entsprechende Freiräume und geben Sie die Aufgaben ab, die auch andere für Sie erledigen können. Es zahlt sich aus.
[1] https://www.iwkoeln.de/studien/franziska-arndt-jurek-tiedemann-dirk-werner-aeltere-beschaeftigte-am-arbeitsmarkt-wertvolle-erfahrung-staerker-als-potenzial-nutzen.html
[2] https://www.randstad.de/s3fs-media/de/public/2023-06/randstad-ifo-personalleiterbefragung-q2-2023.pdf
[3] https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/deutschland-schickt-erfahrene-mitarbeiter-in-altersteilzeit-eine-verschwendung-19475887.html
[4] https://doku.iab.de/forschungsbericht/2024/fb1424.pdf
[5] https://www.spiegel.de/wirtschaft/nike-holt-firmen-veteran-elliott-hill-aus-dem-ruhestand-zurueck-a-a52428c3-d99c-4a13-9cb0-2ac3b57a2a04
[6] https://www.iwkoeln.de/fileadmin/user_upload/Studien/Kurzberichte/PDF/2023/IW-Kurzbericht_2023-Fachkr%C3%A4ftemangel-h%C3%B6here-L%C3%B6hne.pdf
[7] https://greatergood.berkeley.edu/article/item/why_age_diversity_is_a_strength_at_work
[8] https://www.arbeitswissenschaft.net/fileadmin/Downloads/Angebote_und_Produkte/Zahlen_Daten_Fakten/ZDF_Alter_Leistung_final.pdf
[9] https://www.randstad.de/s3fs-media/de/public/2023-06/randstad-ifo-personalleiterbefragung-q2-2023.pdf
[10] https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/themen/aktuelle-meldungen/2024/august/teilzeit-verliert-zeitsouveraenitaet-gewinnt-beschaeftigte-wollen-flexible-arbeitszeiten
[11] https://www.iwkoeln.de/studien/helena-bach-andrea-hammermann-was-macht-arbeitgeber-attraktiv.html