Juli 2024
„Was verdient mein Kollege?” – Eine Frage, die Sie künftig öfter hören werden
Es ist ein Schritt für mehr Lohngleichheit im Fußball: Die „Euro 2024 GmbH“, verantwortlich für die Organisation der Fußball Europameisterschaften in Deutschland, hat das Zertifizierungsverfahren zur Gewährleistung gleicher Bezahlung für alle durchlaufen.[1] Die Stiftung „Equal-Salary“ zertifiziert Unternehmen, die nachweisen können, dass sie Lohngleichheit und Chancengleichheit für ihre Angestellten in allen Bereichen (Einstellung, Weiterbildung, Beförderung) respektieren. Die Zertifizierung ist Teil der ESG-Strategie des europäischen Fußballverbands Uefa.[2] Es gibt in Europa Aufholbedarf, denn der Fußball in den USA ist in diesem Bereich einen großen Schritt weiter. Dort wurde bereits vor zwei Jahren „Equal Pay“ im Fußball vereinbart. Das bedeutet: gleiche Prämien für Nationalteams bei Frauen und Männern.[3]
Frauen ist das Thema Gehalt wichtiger als Männern
Die Bezahlung im Fußball interessiert längst nicht nur Spielerinnen und Spieler oder die Fans. Das Thema „Gehalt" ist ein wichtiger Faktor für Arbeitnehmende in Deutschland. Laut unserer Studie „People at Work 2024", die Sie hier[4] einsehen können, hat das Gehalt für 59 Prozent der Befragten höchste Priorität, gefolgt von der Freude an der Arbeit (48 %) und der Flexibilität der Arbeitszeit (35 %). Besonders Frauen legen überproportionalen Wert auf ihr Gehalt (64 %). Transparenz bei Lohn- und Gehaltsinformationen ist entscheidend, aber nur die Hälfte der Befragten hat online Zugriff darauf. Deutschland hinkt hier im Vergleich zu Europa (60 %) hinterher, während weltweit drei Viertel der Beschäftigten darauf zugreifen können.
Equal Pay und Fair Pay zahlen auf das Employer Branding ein
Eine faire Bezahlung beinhaltet auch die Erfassung und Bezahlung von Überstunden, da Deutsche im Durchschnitt 9:09 Stunden pro Woche Mehrarbeit leisten. Für Unternehmen bedeutet dies, immer wieder zu prüfen, welche Bedürfnisse die Mitarbeitenden haben. Wer hier adäquat reagiert, zahlt damit auch auf das Employer Branding ein. Denn es ist noch immer ein weiter Weg bis zur Gleichstellung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt, hat die Bertelsmann Stiftung ermittelt.[5] Die Autorinnen verweisen darauf, dass es neben dem Gender Pay Gap eine Vielzahl weiterer Geschlechterungleichheiten gibt.
Dazu zählen zum Beispiel auch der Gender (Work) Time Gap, der Financial Literacy Gap, der Gender Lifetime Earnings Gap oder der Gender Pension Gap. Es gibt also viel zu tun für langfristig denkende Personalverantwortliche.
Jetzt schon um EU-Richtlinie zur Lohntransparenz kümmern
Höchstwahrscheinlich sind Sie ohnehin längst mit der EU-Richtlinie zur Lohntransparenz beschäftigt, die bis 2026 in nationales Recht umgesetzt werden muss.[6] Unternehmen müssen damit regelmäßig offenlegen, wie sich ihr Gehaltsgefüge zusammensetzt (für Unternehmen mit 100 bis 150 Beschäftigten gilt die Berichtspflicht erst fünf Jahre später). Damit soll Lohndiskriminierung sichtbar gemacht werden. Denn noch immer liegt der durchschnittliche Stundenlohn von Frauen laut Statistischem Bundesamt etwa 18 Prozent unter dem der Männer.[7] „Im Jahr 2000 war es mit 21 Prozent nicht viel mehr”, sagt Dr. Moritz Drechsel-Grau.[8] Er forscht an der Volkswirtschaftlichen Fakultät der Ludwig Maximilians Universität München über Ungleichheit.
In Deutschland gilt bereits seit dem Jahr 2017 das Entgelttransparenz-Gesetz. Aber wie viele der Beschäftigten eines Unternehmens machen tatsächlich davon Gebrauch, nach dem Gehalt der Kollegen zu fragen? Das dürfte sich mit der Neuregelung mehr und mehr ändern. Equal Pay ist bei großen Unternehmen ein wichtiger Baustein, um Mitarbeitende zu gewinnen und zu halten. Im Zuge von Arbeitskräftemangel und Transformation ergibt es auch für kleinere Unternehmen Sinn, sich damit auseinanderzusetzen. Denn Bewerberinnen und Bewerber dürfen bald von Anfang an wissen, was ihre Kollegen verdienen. Auf diese Fragen sollten Sie sich schon jetzt gefasst machen.
[1] https://www.equalsalary.org/certified-companies/euro-2024-gmbh/
[2] https://editorial.uefa.com/resources/0285-1907827259d8-3e4db23d6eb2-1000/230918_euro_esg_strategy_uebersetzung.pdf
[3] https://www.deutschlandfunk.de/equal-pay-fussball-verbaende-dfb-100.html
[4] https://de.adp.com/ressourcen/insights/people-at-work-a-global-workforce-view.aspx
[5] https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/unsere-projekte/beschaeftigung-im-wandel/projektnachrichten/equal-pay-ist-nur-ein-teil-der-geschichte-potenziale-und-herausforderungen-fuer-frauen-am-arbeitsmarkt
[6] https://www.bundesstiftung-gleichstellung.de/gleichstellungsberichte/news/neue-eu-richtlinie-mit-transparenz-gegen-lohndiskriminierung-am-arbeitsplatz/
[7] https://service.destatis.de/DE/paygap/
[8] https://www.lmu.de/de/newsroom/newsuebersicht/news/gender-pay-gap-es-geht-darum-wie-arbeit-organisiert-ist.html